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Nein, klassische-philatelie wird jetzt nicht zu einer Numismatik-Website – es gibt schon viele sehr gute Adressen im Web, auch zum speziellen Thema der Numismatik der Tudor-Ära.
Wer diese Website schon länger verfolgt, erinnert sich vielleicht an die Gedanken zum Jahreswechsel 2011/2012, in denen ich unter dem Titel „Philatelie und Numismatik – zwei Hobbys, eine Idee“ die beiden grossen Sammel-Leidenschaften gegenübergestellt und mich als, wenn auch in bescheidenem Umfang aktiver, Münzsammler „geoutet“ habe.
Mit dem Interesse an Briefen der Renaissance-Zeit, speziell der elisabethanischen Ära in England, kam dann auch der Wunsch, mehr über das Münzwesen dieser Zeit zu erfahren. Ich habe viel gelernt!
Dass Elisabeth I. den alten Sterling-Standard wieder hergestellt hat, war schon dem Buch von Beale et al. über die Corsini-Korrespondenz zu entnehmen, aber es gab in ihrer Regierungszeit auch eine sehr entscheidende Neuerung im englischen Münzwesen.
Wenn Sie zu einem Blick über den „philatelistischen Tellerrand“ in die gleichermassen faszinierende Welt der Numismatik bereit sind, erfahren Sie auf dieser Seite vielleicht noch etwas Neues. Über Münzherstellung haben Sie sich bisher noch nie Gedanken gemacht, richtig? Münzen sind einfach da, wir leben mit ihnen seit unserer Kindheit, aber das, was wir heute so selbstverständlich im Portemonnaie herumtragen, ist das Produkt einer dreitausend Jahre langen Entwicklung.
Seit der Antike war die übliche Technik der Münzherstellung die Hammerprägung. Auf einen fest, üblicherweise in einem Holzblock, montierten Unterstempel wurde der Rohling aufgelegt und mit einem Hammer, der den Oberstempel trug, die Münze geprägt (→ Darstellung aus dem 14. Jahrhundert).
Diese Methode war schnell – ein Arbeiter konnte → mehr als 1000 Münzen pro Tag herstellen –, aber die auf diese Art gefertigten Münzen waren qualitativ allenfalls mittelmässig: Sie zeigten unregelmässige Ränder, die Abschläge waren teilweise unregelmässig tief, es kam bei mehrfachen Hammerschlägen zu Doppelprägungen. Die nicht sauber gerundeten Ränder waren eine Versuchung, kleine Stückchen vom Rand abzuschneiden („clipping“) – eine lukrative, aber, wenn man dabei erwischt wurde, lebensgefährliche Einnahmequelle.
Unter Elisabeth I. wurde erstmals in England eine neue Technik eingeführt. Der früher in der französischen Moulin des Étuves beschäftigte Eloy(e) Mestrelle richtete die erste mechanische Münzherstellung in England ein. (Die interessante, wenn auch im Verlauf tragische Biographie von Mestrelle finden Sie in der Literatur; s. auch Links unten auf dieser Seite.) Die gleichmässig hohen Silberstreifen, aus denen die Rohlinge gefertigt wurden, wurden mit Hilfe von → Wassermühlen, nach anderen Quellen von durch Pferde betriebenen Mühlen hergestellt, was zu der Bezeichnung mill(ed) Coins für diese Münzen führte. Aus diesen Streifen wurden Rohlinge von gleichmässiger Dicke und standardisiertem Gewicht hergestellt. Eine → Spindelpresse sorgte dann für die ebenfalls sehr gleichmässige beidseitige Prägung. Das Ergebnis dieser allerdings sehr aufwändigen Methode waren perfekt gerundete, gleichmässig dicke Münzen – Clipping war damit nicht mehr möglich.
Im direkten Vergleich mit der Hammerprägung lieferte dieses Verfahren zwar qualitativ wesentlich höherwertigere Münzen (1), aber es war aufwändig und ergab nicht die Stückzahlen, die man für das gesamte Münzwesen brauchte. Es wurden nicht alle Wertstufen in dieser Technik hergestellt (→ Übersicht); die häufigste milled coin unter Elisabeth I. war der Sixpence von 1562. „85% of Mestrelle’s meagre experimental machine-made coins were sixpences dated 1562. This leaves 15 % for all the other dated sixpences, shillings, groats, threepences, halfgroats, threefarthings and the gold coinage.“ heisst es bei → History in Coins, eine Literaturangabe dazu habe ich allerdings nicht.
Mestrelle’s Tätigkeit und die Herstellung von milled coins endete 1572. Es dauerte fast sechzig Jahre, bis unter König Charles I. durch den – wie Mestrelle aus Frankreich stammenden – Münzmeister Nicholas Briot 1631 wieder milled coins geprägt wurden, aber auch diese Ära dauerte nicht lange. Erst ab 1662, unter Charles II., wurden die maschinengeprägten Münzen Standard in England.
Die hammered coins spielten in der englischen Numismatik also eine grosse Rolle. Es gibt einige Münzhändler auf der Insel, die hammered im Namen tragen (2), und es gibt einen eigenen zweibändigen Katalog zur Hammered Coinage (s. Literatur).
Üblicherweise finden Sie Katalogisierungen der elisabethanischen Münzen nach Spink. Selten geben Händler auch noch die Seaby-Nummer an. Alle Rechte von Seaby wurden 1996 von Spink erworben. (Die Geschichte finden Sie im Detail auf der → Website von Spink.) Der Spink-Katalog ist für englische und allgemein britische Münzen so etwas wie der Michel für deutsche Briefmarken.
Englische Münzen kauft man in England. Es gibt zu der von mir mehrfach lobend erwähnten Meta-Suchmaschine Philasearch für Philatelisten auch einen „Ableger“ für Numismatiker unter dem Namen Numissearch, aber das Angebot dort ist (noch) relativ klein, wenn Sie Münzen aus der Tudor-Ära suchen. Im → Coin Dealers Directory werden Sie aber sicher fündig.
Wenn Sie Münzen sammeln, muss ich es nicht betonen, für Einsteiger aber noch ein Hinweis: Wie bei Briefmarken ist auch bei Münzen die Erhaltung neben der Seltenheit der wichtigste preisbestimmende Faktor. Gerade hammered coins finden Sie nur selten in guten Erhaltungen. Die höheren Werte liegen zudem in teilweise astronomischen Preisregionen: Eine Halfcrown in gutem Zustand ist für £ 4000.– ein „Schnäppchen“, und aktuell gibt es bei einem Händler einen – zugegebenermassen sehr seltenen – Ryal, eine Goldmünze im Wert von 15 Shilling, zum Festpreis von £ 75 000,–. Man kann aber auch mit den Pence-Werten als Sammler schon viel Freude haben!
Literatur:
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Erste Veröffentlichung am 20. November 2020, letzte Bearbeitung am 16. November 2021.
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