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Mit Dänemarks erster Marke (1) ist man als Sammler – wie bei Bergedorf – entweder sehr schnell fertig („Michel Nummer 1? Habe ich!“), oder man lässt sich auf etwas ein, was zur philatelistischen Lebensaufgabe werden kann: Die Drucke von Ferslew und Thiele I bis III, die Retuschen (oder man versucht sogar, die Ausgabe komplett zu plattieren), die Farbvarianten, Ringstempel, Nummernstempel und Ortsstempel, die Neudrucke …
Fire R.B.S. Thiele II 1853 (AFA 1IIa) |
Die Abbildung zeigt meine erste Fire R.B.S. – nicht gerade ein Luxusstück; oben kann man sie nur bei wohlwollendster Betrachtung noch als „lupenrandig“ bezeichnen. Trotzdem ist diese Marke etwas speziell: Sie trägt einen Ortsstempel, und das kommt bei dieser mehrheitlich mit stummen Stempeln (Ringstempeln), seltener mit Nummernstempeln entwerteten Ausgabe nur ziemlich selten vor.
Das Motiv der Marke sollte vielleicht noch kurz erläutert werden: Das Posthorn ist selbsterklärend, der eigenartige „Bratspiess“ daneben stellt einen stark stilisierten Hermesstab (lat. caduceus) dar. Rechts sehen Sie, wie ein Hermesstab bei etwas detaillierterer Ausführung aussieht. Beide Ornamente zeigen eine Vielzahl kleiner Variationen, die für das Plattieren wichtig sind. |
Der Unterdruck war bei dem Essai (links) noch sehr deutlich und auf das Markenbild übergehend ausgeführt. In der endgültigen Ausgabe ist er wesentlich weniger prominent und am besten am Markenrand zu erkennen (rechts).
Im Unterdruck unterscheidet sich der erste Druck (Ferslew) von den späteren Thiele-Drucken (s. u.).
Es gibt vier Typen des wellenförmigen Unterdrucks; sie unterscheiden sich durch die Richtung, in welche die Spitzen zeigen. (Die „Wellenkämme“, also die AussenBogen, zeigen entsprechend in die genau entgegengesetzte Richtung.) Im AFA-Katalog werden die vier möglichen Varianten als I a/b und II a/b bezeichnet, Facit nennt sie A bis D. (Es gibt auch andere Einteilungen; mehr dazu auf der Seite über die Neudrucke von Dänisch-Westindien.) Bei der Fire R.B.S. kommen nur Ia und Ib vor. Dies sind die verschiedenen Unterdrucke:
Gut erkennbar wird das Unterdruck-Muster bei grösseren Bogenrändern. Sehr anschaulich kann ich Ihnen das an einem Unterrandstück des Neudrucks von 1885 zeigen, der in einer beim Original nicht vorkommenden Markenanordnung mit sehr grossen Abständen der Marken gedruckt wurde. Dies ist, wie man hier gut erkennen kann, ein Unterdruck des Typs Ib:
Das von Strandmøllens Papirfabrik (Drewsen og Sønner) gelieferte Papier mit dem Wasserzeichen „kleine Krone“ (links) kam in DoppelBogen (200 Marken), die nach dem Druck geteilt wurden. |
Insgesamt wurden vier Platten à 100 Marken von der Fire R.B.S. hergestellt. Die grosse Zahl von 400 Klischees war erforderlich, da wegen des grossen Papierformats (s. o.) immer zwei Bogen gleichzeitig gedruckt wurden. Anfänglich wurden die Platten I und II verwendet; die Platten III und IV waren als Reserve gedacht und wurden wegen Abnutzung der ersten beiden Platten dann erst beim letzten Druck (Thiele III) verwendet.
Alle vier Auflagen der Fire R.B.S. wurden bei der Firma Thiele gedruckt. Trotzdem finden Sie in der Literatur einheitlich die Einteilung der vier Drucke in Ferslew und Thiele I bis III.
Martinus William Ferslew (selten auch Ferslev geschrieben) hat die Fire R.B.S. entworfen und graviert, und er gravierte auch den Unterdruck für die MarkenBogen. Ferslew starb jung, mit 51 Jahren, im Jahr 1852. Andreas Jeppe Schmidt Thiele druckte die Marken; hier gibt es einen wichtigen Unterschied: Bei dem ersten Druck („Ferslew“) war der Unterdruck in Stichtiefdruck, bei den späteren „Thiele“-Drucken in Buchdruck ausgeführt.
Einige Daten zu den vier Drucken:
Druck | Platten | Unterdruck | früheste Verwendung |
---|---|---|---|
Ferslew | I und II | Ia, Stichtiefdruck | 1. April 1851 |
Thiele I | I und II | Ia, Buchdruck | 1. April 1852 |
Thiele II | I und II | Ia, Buchdruck | 12. Juli 1853 |
Thiele III | III und IV | Ib, Buchdruck | 31. März 1854 |
Alle Stempel wurden vom selben Urstempel (Matritze) abgenommen, aber auf etlichen Bogenpositionen finden sich Retuschen. Bei einer Retuschierung hat der Graveur diesen individuellen Stempel nachbearbeitet, um kleine Fehler zu beseitigen oder Ränder zu begradigen.
Die erste Beschreibung einer Retusche der dänischen Quadratausgaben legte A.A. Kranhold im Jahr 1922 vor. Die von ihm entdeckte Retusche auf Feld 5 von Platte II der Fire R.B.S. ist heute noch die bekannteste; sie trägt unter Philatelisten seinen Namen („→ Kranholds Retouch“) und ist als einzige im AFA-Normalkatalog aufgeführt.
Man glaubte lange, dass dies die einzige Retusche der klassischen dänischen Ausgaben sei. Ab 1952 zeigte der grosse Kenner der Dänemark-Philatelie, Schmidt-Andersen, in verschiedenen Veröffentlichungen allerdings noch weitere Retuschen und konnte durch intensive Forschung nachweisen, dass einige Marken (Platte I, Feld 32 und 53) sogar zwei Mal retuschiert wurden. Der AFA Specialkatalog und vor allem die hervorragenden Plattierungshandbücher von Schønning/Paaskesen sind unverzichtbar, wenn Sie sich im Detail mit diesem Thema beschäftigen wollen.
Das „birth certificate“, also die „Geburtsurkunde“, ist die grösste Rarität der dänischen Philatelie. Was verbirgt sich hinter dieser Bezeichnung?
Mit Datum vom 27. März 1851 gab es eine „Anviisning“ des Generalpostmeisters, die Verwendung der neuen Marken betreffend, die an verschiedenen Orten ausgehängt wurde. Nur ein Exemplar befindet sich in Privatbesitz (Abb. links); es wurde zuletzt bei Høiland (heute → Bruun-Rasmussen) im November 2004 für 610 000 dänische Kronen (ca. € 82 000,–) versteigert. (Fünf Jahre vorher wurde noch ein Preis von 2,3 Millionen Kronen, ca. € 300 000,–, erzielt.) |
Um dem Post-Publikum auch gleich zu zeigen, wie diese Marken aussehen, wurde auf dem Informationsblatt ein 6er-Block der Fire R.B.S. angebracht. Das Dokument ist in lesbarer Grösse in The Classic Stamps of Denmark abgebildet.
Die Fire R.B.S. wurden fast ausschliesslich mit Ringstempeln (vier Ringe, zentraler Punkt) und Nummernstempeln entwertet, Ortsstempel sind sehr selten. In der Frühzeit der dänischen Briefmarken galt für etwa eine Woche eine Sonderregelung: Vom 8. bis 16. April 1851 war Federzugentwertung vorgeschrieben.
Um die Öffentlichkeit zur Verwendung der neuartigen Briefmarken zu motivieren, die für den Postbetrieb eine enorme Erleichterung brachten, gewährte die Post einen hohen Rabatt. In Genf wurde die 5-Centimes-Leistung bei Verwendung von Marken für 4 Centimes verkauft, das war immerhin 20 % günstiger. In Dänemark ging man noch weiter: Das Inlandsporto für den „Standardbrief“ wurde mit dem Postgesetz vom März 1851 auf 6 Skilling bei Barzahlung festgesetzt, die Marke kostete aber nur 4 Skilling – 33 % Ersparnis waren schon ein guter Grund für die Postkundschaft, die neumodischen Klebezettelchen zu verwenden.
Literatur:
Copyright © 2006 und verantwortlich für den Inhalt:
Erste Veröffentlichung am 28. Mai 2006, letzte Bearbeitung am 23. Juni 2006.
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