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£5 orange auf weissem Papier (ab 1889), SG Nr. 137 |
Als „iconic“ bezeichnen beide Autoren diese Marke, attestieren ihr also geradezu Kultstatus. Hat sie das verdient? Ich finde, ja, und stimme den Autoren hier uneingeschränkt zu – diese Marke ist etwas Besonderes.
Es gibt einige Aspekte, die diese Ausgabe markant von den in der viktorianischen Ära üblichen Marken unterscheiden: Da ist das grosse Format, das sie schon aus der Masse der übrigen Ausgaben dieser Zeit heraushebt, und da ist vor allem der enorm hohe Nennwert von £5 – die Kaufkraft von £5 im Jahr 1882 entsprach rund £600 im Jahr 2019!
Wie kam es zur Ausgabe einer Marke in dieser Wertstufe? Die Geschichte der £5 orange begann als Telegrafenmarke. Das britische Empire umfasste grosse Teile der Welt, und Handel mit den Überseegebieten war ein wichtiger Teil des Geschäftslebens. Natürlich wurde die damals modernste Möglichkeit der Kommunikation, die Telegrafie, genutzt, aber das ging ins Geld: Ein vier Wörter umfassendes Telegramm von London nach Bermuda kostete bereits mehr als 5 Pfund (und damit mehr als den Monatslohn eines Landarbeiters). Nach der Ausgabe der ersten Telegrafenmarken am 1. 2. 1876 wurde schnell deutlich, dass Bedarf für eine sehr hohe Wertstufe bestand, da der Platz auf den Telegramm-Formularen knapp wurde (1). Das Ergebnis war die links gezeigte Marke zu 5 Pfund, eben die erste £5 orange, mit der Inschrift „telegraphs“.
Diese Marke wurde in Bogen zu 56 Marken gedruckt (14 Zeilen mit je 4 Marken). Sie trugen die von den frühen britischen Ausgaben bekannten Eckbuchstaben zur Zuordnung der Bogenposition, jedoch abweichend von der Zählweise etwa bei der Penny Black bezeichnete der erste Buchstabe die Spalte, der zweite die Zeile. Die Buchstabenkombinationen reichen also von AA bis DN.
Obwohl die Telegrafenmarke in den Katalogen geringer als die £5-Postmarke notiert, ist sie nicht einfach zu finden. Auf der Auktionsplattform → Philasearch etwa finden Sie jederzeit eine Auswahl an £5-„Postage“-Marken, aber die Telegrafenmarke habe ich dort ein Vierteljahr lang gesucht, bis ich endlich ein Exemplar fand (s. Abb. oben). Der Satz „this is still an incredibly difficult issue to obtain“ in einem Angebot bei → Oakwood Auctions gilt immer noch.
Am 31. Oktober 1881 endete die Ära der Telegrafenmarken; es mussten jetzt „normale“ Briefmarken als Gebührenquittung verwendet werden. Der Bedarf an einem hohen Wert bestand unverändert, und so entschloss man sich zu einer „Umarbeitung“ der £5-Telegrafenmarke:
Das Wort „telegraphs“ wurde entfernt und ein neuer Einsatz mit „postage“ hergestellt, ergänzt um Zierornamente, um den Längenunterschied zwischen den Wörtern auszugleichen. Diese „overprint plate“ (Horsey) wurde separat gedruckt; dadurch sind Verschiebungen gegenüber dem Rest des Markenbildes möglich. Alle £5 wurden von einer Platte gedruckt, anfangs (Ausgabedatum 21. 3. 1882) auf bläulichem, ab 1889 (3. Druck) auf weissem Papier. Der Bogen enthielt unverändert 56 Marken, jedoch jetzt in zwei Halbbogen mit einem Zwischensteg in Markenhöhe zwischen der 7. und 8. Zeile. Insgesamt wurden in sieben Druckauflagen 248 472 dieser Marken gedruckt; man geht davon aus, dass heute noch etwa 8000 Exemplare erhalten sind.
Für Postsendungen kam diese Marke praktisch nicht zum Einsatz, allenfalls sehr schwere eingeschriebene Pakete machten die Verwendung einer £5-Marke erforderlich. Insgesamt ist weniger als ein halbes Dutzend eindeutig postalisch verwendeter Marken bekannt. Die hauptsächlichen Einsatzgebiete dieses hohen Wertes waren die Bezahlung von Verbrauchssteuern (excise tax), die interne Verrechnung zwischen Postämtern und natürlich Telegramme, die ja ursprünglich überhaupt erst zur Herstellung dieser Wertstufe geführt hatten.
Typische Verwendung einer £5 orange auf einem Telegramm, erkennbar an dem zusätzlichen Kastenstempel mit Kürzel des Telegrafenbüros neben dem Kreisstempel (SG Nr. 133 auf bläulichem Papier). |
Wir haben die Ausgaben auf bläulichem Papier und auf weissem Papier bereits kennengelernt. Die Variante auf bläulichem Papier (1. und 2. Druck, Ausgabe ab 21. 3. 1882) trägt bei Stanley Gibbons die Nr. 133. Die Marken auf weissem Papier ab dem 3. Druck (1889; Abb. oben auf dieser Seite) finden Sie als Nr. 137. (Beide Versionen sind im Michel als Nr. 63, bei Scott als Nr. 93 katalogisiert.)
Die Marken mit specimen-Aufdruck haben SG-typisch ein kleines „s“ hinter der Nummer. Die Abbildung links zeigt den bei der £5 orange häufigsten Typ dieses Aufdrucks (Typ 9, 14¾ x 1¾–2 mm); bei der Nr. 133 kommen die Typen 9 und 11, bei der Nr. 137 die Typen 9, 11 und 16 vor. Auch die Telegrafenmarke SG Nr. T18 gibt es mit diesem Aufdruck; hier finden wir die Typen 8, 9 und 11.
Als Departmental Officials wurden £5-Marken nicht verwendet, es gibt jedoch einen „Inland Revenue Essay“ (in dem unten verlinkten Vortrag von Horsey auf dem Titelblatt abgebildet) mit den Aufdrucken „Specimen“ und „I R/OFFICIAL“. Zum Zeitpunkt des Erstellens dieser Seite ist ein Exemplar bei Stanley Gibbons als „SG133var Official overprint essay“ für £12 500.00 im Angebot.
Weitere Spezialitäten wie Farbproben, ungezähnte Vorlagedrucke („Imprimatur“ (2)) usw. tauchen im Handel nur sehr selten und dann zu sehr hohen Preisen auf – das Feld der oben genannten „Normalsammler“ haben wir da längst verlassen. Abbildungen solcher Stücke finden Sie in dem Vortrag bzw. im Buch von Horsey.
Literatur:
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Erste Veröffentlichung am 30. Januar 2022, letzte Bearbeitung am 25. September 2022.
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